Allgemeines zur Hämophilie

Bei einer Hämophilie (auch Bluterkrankheit genannt) handelt es sich um eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung, welche auf einem Mangel an oder einem Defekt von bestimmten Gerinnungsfaktoren beruht. Daher kommt es bei Menschen, die an Hämophilie erkrankt sind, zu länger andauernden Blutungen als bei Gesunden. Wenn es sich um eine schwere Hämophilie-Ausprägung handelt, kann es bei den Betroffenen schon bei kleineren Verletzungen zu langanhaltenden Blutungen kommen. Darüber hinaus beobachtet man bei den Betroffenen auch Blutungen, bei denen es keine sichtbaren Wunden gibt (sogenannte Spontanblutungen). Diese Blutungen können in Gelenken, in inneren Organen oder im Gehirn auftreten und dadurch zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Eine dieser Komplikationen sind chronische Schmerzen sowie Einschränkungen der Mobilität bis hin zu einer Zerstörung von betroffenen Gelenken.

Die bei der Hämophilie betroffenen Genabschnitte liegen auf dem X-Chromosom. Mütter geben diese Mutation daher in den allermeisten Fällen an ihre Söhne weiter. Der weibliche Nachwuchs ist nur in extrem seltenen Fällen betroffen. Eine spontane Mutation der entsprechenden, eigenen Genabschnitte ist ebenfalls möglich, aber selten.

Man unterscheidet zwei Formen von Hämophilie, je nachdem welcher Gerinnungsfaktor durch die Mutation betroffen ist.

 

Hämophilie A

Hierbei handelt es sich um die häufigere Form der Hämophile (ca. 1 von 12.000 Menschen). Hämophilie A ist gekennzeichnet durch einen Mangel oder Defekt des Gerinnungsfaktors VIII. Die Erkrankung kann eine leichte, mittelschwere oder schwere Ausprägung haben, je nachdem, wieviel intakter Faktor VIII gebildet wird. Bei mehr als der Hälfte der Erkrankten findet man jedoch eine schwere Form. Diese Patienten zeigen eine langanhaltende Blutung bei Verletzungen, Zahnbehandlungen oder Operationen. Unbehandelt kann es bei einer schweren Verlaufsform etwa 1 bis 2 mal pro Woche zu Spontanblutungen kommen. Bei einer leichten Verlaufsform der Hämophilie A wird die Erkrankung meist erst dann erkannt, wenn der Patient eine schwere Verletzung erleidet oder sich einer Operation unterziehen muss.

 

Hämophilie B

Die Hämophilie B tritt seltener auf und ist charakterisiert durch einen Mangel oder Defekts des Gerinnungsfaktor IX. Auch diese Form der Hämophilie ist erblich, jedoch wird sie bei ca. 30% der Fälle durch eine Spontanmutation hervorgerufen. Bei der Hämophilie B ist ca. 1 von 20.000 Menschen betroffen.

Wie bei der Hämophilie A unterscheidet man einen leichten, mittelschweren oder schweren Verlauf der Erkrankung. Jedoch zeigen bei der Hämophilie B mehr Patienten einen mittelschweren bis schweren Verlauf (ca. 75%). Auch hier kommt bei der schweren Verlaufsform unbehandelt häufig zu Spontanblutungen in Gelenken, inneren Organen oder im Gehirn.

 

Behandlungsmöglichkeiten

Die Hämophilie A und B kann in den allermeisten Fällen erfolgreich durch eine sogenannte Ersatztherapie behandelt werden. Hierbei wird der fehlende bzw. defekte Gerinnungsfaktor intravenös verabreicht. Dies erfolgt entweder bei Bedarf bei (on-demand) oder zur Vorbeugung (prophylaktisch) von Blutungen. Die Gabe des benötigten Gerinnungsfaktors führt jedoch bei einigen Patienten (ca. 7% der mit Gerinnungsfaktor behandelten Erkrankten) zu der Bildung von Hemmkörpern – sogenannten Inhibitoren – gegen den verabreichten Faktor. Diese Hemmkörper erkennen den Gerinnungsfaktor als fremdes, nicht körpereigenes Protein, binden an diesen und neutralisieren ihn auf diesem Weg.  Daher bluten die Patienten mit einem Hemmkörper trotz Gabe des benötigten Gerinnungsfaktors weiter.

Für diesen Fall wurden in den letzten Jahren sogenannte „Bypassing-Agents“ entwickelt, die die fehlenden Gerinnungsfaktoren „umgehen“ und so zur Kontrolle der Blutungsepisoden beitragen.

 

 

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung